MAI
2023
Bestäuberfreundliche Gärten – Pflanzen und Strukturen für Biene und Co.
Wer Bestäubern einen Lebensraum bieten möchte, kann im eigenen Garten viel dazu beitragen. Vera Joedecke, von der staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Heidelberg, verriet in der Vortragsreihe „Garten aktuell“, am Dienstag, den 02. Mai 2023, im Haus der Landschaft, wie bestäuberfreundliche Gärten aussehen können.
„Zunächst müssen die verschiedenen Bestäuber und ihre Bedürfnisse betrachtet werden, dann können die eigenen Grünflächen entsprechend angepasst werden“, erläutert Joedecke. „Städte können vielen Insekten als Refugium dienen und so dem Verlust der Artenvielfalt gegensteuern“ ergänzt sie.
Bestäuber-Insekten können grob in folgende Kategorien unterteilt werden:
Falter, Käfer, Schwebfliegen und weitere Fliegen, Wespen, Honigbienen und Wildbienen. Die meisten Arten sind bedroht oder geschützt.
Als Beispielgruppe werden hier die Wildbienen näher betrachtet.
Weltweit gibt es ca. 20.000 Bienenarten, in Deutschland über 460 Arten. Sie unterscheiden sich im Aussehen und in ihren Lebensweisen. Möchte man seinen Garten für sie attraktiv gestalten, so müssen alle diese Aspekte berücksichtigt werden.
Im Nahrungsverhalten gibt es zwei Gruppierungen, Pollenspezialisten und Generalisten. Manche Arten sind sehr spezialisiert und können sich zum Teil nur von einer Pflanzensorte ernähren, andere wiederum sind nicht sehr wählerisch.
In der Regel gibt es nur eine Generation pro Jahr, in wenigen Wochen Flugzeit müssen sie alles finden, was sie zum Überleben und Fortpflanzen brauchen.
Im Nistverhalten leben Bienen meist solitär, 50% nisten im Boden, 20% in Hohlräumen (wie Insektenhotels) und 25% parasitisch in Nester anderer Arten.
Der Flugradius hängt in der Regel von der Größe der Biene ab. Kleine Arten müssen in einem Flugradius von weniger als 100 m Nahrung, einen Nistplatz und Baumaterial dafür finden – hier spielen Hausgärten eine besonders wichtige Rolle.
Garten als ganzheitlicher Lebensraum
Um Wildbienen und andere Bestäuberinsekten zu unterstützen, sind folgende Grundlagen zu beachten:
- Bei der Pflanzenauswahl auch für Insekten attraktive und vielfältige Nahrungspflanzen integrieren. Dabei sind nicht nur Nektar und Pollen für sie interessant, manche Pflanzen liefern auch Öle für den Nestbau oder sind selbst Nistmöglichkeiten. Vielfältigkeit ist auch bei der Auswahl der Blütenform wichtig, denn jede Biene hat aufgrund ihres Körperbaus zu ihren passenden Blüten. Am besten ist eine Kombination aus heimischen und nicht-heimische Pflanzen. Heimische Pflanzen wie Glockenblume, Fenchel, Hahnenfuß oder auch Winden sind für spezialisierte Insekten wichtig, nicht-heimische Pflanzen sind aber oft auf Reich- und Langblütigkeit gezüchtet und können so das Nahrungsangebot in blüharmen Phasen ergänzen. Unter bienenweidekatalog-bw.de des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz finden sich genauere Informationen.
- Mit der richtigen Blühabfolge verschiedener Pflanzen kann ein durchgehendes Nahrungsangebot sichergestellt werden. Im Frühjahr bieten sich dafür Zwiebelpflanzen, früh blühende Stauden und auch frühblühende Gehölze an. Diese schaffen zusätzlich Strukturen für Nistplätze und Baumaterialien und bieten anderen Tieren mit ihren Früchten Nahrung. Stauden wie Fetthenne, Sonnenhut oder Blauraute bieten noch im Spätsommer eine reichhaltige Blüte. Generell sollten immer ungefüllte oder teilgefüllte Blüten im Garten vorhanden sein. Vollgefüllte Blüten sind für die meisten Insekten unerreichbar als Nahrungsquelle oder nur für einen kurzen Zeitraum in einer geringen Menge. Das gilt auch kleine Blühflächen wie ein Balkon oder einen Dachgarten.
- Es lassen sich aus unterschiedlichen Materialien passende und vielfältige Niststrukturen im Garten erschaffen. Diese bieten Insekten Unterschlupf bei schlechtem Wetter und eine Überwinterungsstruktur, die übrigens auch von anderen Tieren genutzt werden kann. Das können beispielsweise Bäume, Laub- oder Holzhaufen, Totholzstrukturen oder Benjeshecken sein. Offene Mauern, Steinhaufen, Kräuterspiralen, Pflasterfugen oder einfach nur offene Bodenstellen bieten vielen Insekten und Kleintieren Unterschlupf. Eine „wilde Ecke“ im Garten kann hier schon viel bewirken!
- Viele Rückzugsorte und Nistplätze befinden sich mitten in den Pflanzungen, im Boden oder auch an den Pflanzen selbst. Eine rücksichtsvolle Pflege erhält diese Lebensräume. Auf Pestizide sollte verzichtet, und beim Remontierschnitt darauf geachtet werden, den Insekten nicht auf einem Schlag diese eine Nahrungsquelle zu nehmen, sondern lieber nur teilweise oder nach und nach. Der Herbstschnitt kann ins Frühjahr verschoben werden und lässt so die bodennahe Vegetation als Unterschlupf für den Winter. Manche Insekten überwintern in den Stängeln und manche trockenen Blütenstände bieten mit ihren Samen noch Nahrung für Vögel. Bodenstörungen sollten bei der Pflege ebenfalls vermieden werden, da sich dort viele Bodennester verstecken.
- Lichtverschmutzung wird immer mehr zum Problem. Ein Großteil der Insekten ist nachtaktiv und auch die tagaktiven Tiere werden in ihrer Ruhe gestört. Beleuchtung kann ihren Orientierungssinn beeinflussen, sodass sie nicht ihre Nahrungsquellen finden und ihre Energie in erfolgsloser Suche verschwenden. Daher sollte der Lichteinsatz im Garten reduziert werden, also nach unten strahlen und nicht durchgängig leuchten.
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